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Fantastische Erzählungen

  • Regionales, Wissenswertes

Mythen und Sagen aus Unterfranken – Teil 2

Wie im ersten Teil dieser Reihe eindrücklich bewiesen, hat Unterfranken eine Menge Geschichten zu bieten, die über die Jahrhunderte entstanden sind. Um nahezu jeden Wald, jeden Berg und jede Siedlung ranken sich hunderte Geschichten, die oftmals mit Gebäuden, Denkmälern oder Naturphänomenen verbunden sind, die heute noch dort stehen.

Der Teufelsgrund

Einst soll ein Jäger aus dem Hochspessart in den Kahlgrund versetzt worden sein. Dort erzählte man sich im Wirtshaus, dass im Tal zwischen Geißelbach und Brücken, auch „Teufelsgrund“ genannt, einige Hütten standen, in denen geheimnisvolle Wesen hausen sollten. Zwerge sollten es sein, ähnlich den Heinzelmännchen, aber niemand wusste genaueres, weil sich keiner dort hinwagte.

Der neue Jäger allerdings war ein mutiger Mann und nahm sich vor, sich den Ort näher anzusehen. Beim nächsten Dienstgang, der an den Behausungen vorbeiführte, sah er sich in den Hütten um – doch er fand sie leer vor. Deshalb tat er die Geschichten um die Bewohner als abergläubisches Geschwätz ab und dachte nicht weiter darüber nach.

Als er jedoch einige Zeit später in der Nähe des Ortes nachts von einem Unwetter überrascht wurde, flüchtete er Schutz suchend zu den Hütten. Sie waren nach wie vor unbewohnt, also machte er sich ein Lager zurecht und schlief ein. Um Mitternacht wurde er dann von einem Geräusch geweckt, machte die Augen auf und sah, dass die Hütte nun voller Zwerge war. Als diese ihn sahen, erschraken sie, gingen auf ihn los, kratzen und bissen ihn. Die Tortur ging so lange weiter, bis der erste Hahnenschrei zu hören war – und plötzlich war der Jäger wieder allein in der Hütte, froh, mit dem Leben davongekommen zu sein.

Die Sage vom seufzenden Schweinehirtenturm

Vor langer Zeit soll eine alte Frau namens Lotte nachts in der Schweinfurter Hirtengasse entlang des Stadtgrabens in Richtung Obertor unterwegs gewesen sein. Es war so spät, dass nicht einmal mehr der Nachtwächter auf den Beinen war, so dass es der Frau ohnehin schon mulmig zumute war, als sie sich dem seit Jahrzehnten verlassenen Schweinehirtenturm näherte. Dort wollten bereits Andere merkwürdige Stimmen gehört haben, doch Lotte versuchte, die Geschichten als erfunden abzutun.

Sie schritt den Weg also weiter und hatte den Turm bereits passiert, als sie ein lang anhaltendes Stöhnen vernahm, das sich einige Male wiederholte und dann verstummte. Starr vor Angst verharrte Lotte noch eine Weile, nahm dann aber all ihren Mut zusammen und lauschte an der Mauer des Gebäudes. Nun war alles still.

Ein paar Tage später begab es sich, dass sie abermals zu später Stunde an dem Ort vorbeikam. Wieder erklang ein Seufzen und Stöhnen und wieder bekam sie es mit der Angst zu tun, besonders, als das Geräusch zu einem lang anhaltenden Wimmern wurde. Lotte lief davon und erzählte tags darauf einem Magistratsrat von ihren Erlebnissen. Der ließ den Turm öffnen und durchsuchen, doch nichts wurde darin gefunden.

Das Bannkraut von Stadtprozelten

Es war einmal ein Wirt aus Faulbach, der den Wunsch hegte, möglichst schnell reich zu werden. Zu diesem Zweck wollte er ein Wunderkraut, auch „Bannkraut“ genannt, pflücken, das in einem Wald auf einer Anhöhe bei Stadtprozelten wuchs. Mit dem Kraut wollte er Geister umgehen, die wertvolle Schätze bewachten, an die er so herankam.

Trotz Warnung seines Nachbarn suchte er den Ort an Heiligabend auf und schlich in den Föhrenwald. Doch kaum hatte er diesen betreten, trat ihm ein Ungetüm entgegen, das sich vor seinen Füßen schlängelte. Er erschrak, fasste sich jedoch ein Herz, machte einen Sprung über die Kreatur und eilte weiter. Kurze Zeit später stand er plötzlich vor einem dunklen Riesen, der bis zu den Baumkronen emporragte. Wieder bekam er es mit der Angst zu tun, konnte jedoch auch diesem Monster entkommen, indem er zwischen seinen Beinen hindurchschlüpfte. Nun tauchten berittene Kriegsknechte auf, die Jagd auf ihn machten, doch er rannte und rannte und erreichte schließlich das Bannkraut.

Bevor er jedoch die Hand danach ausstrecken konnte, erklang die Kirchturmglocke aus Stadtprozelten. Der Spuk aus dem Wald verschwand – und mit ihm das Wunderkraut. Der Wirt aus Faulbach wankte nach Hause. Seine Haare waren ergraut. Er war über Nacht ein alter Mann geworden.

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