Auch wenn Unterfranken flächenmäßig nur rund 2,3 Prozent des Landes für sich beansprucht, hat es nicht nur in der deutschen, sondern sogar in der europäischen Geschichte immer wieder eine große Rolle gespielt. Nicht zuletzt dank berühmter Persönlichkeiten, die hier geboren und/oder aufgewachsen sind und deren Lebenswerk bis zum heutigen Tag überdauert – in Kunst, Lyrik, Architektur und vielem mehr.
Walther von der Vogelweide
Dieser Dichter, der etwa zwischen 1170 und 1230 gelebt hat, gilt als der bedeutendste deutschsprachige Lyriker des Mittelalters. Als typischer Vertreter der höfischen Dichtung schrieb er in erster Linie Minnelieder und Sangspruchstrophen und seine Dichtungen, die oftmals auch politischer Natur waren, werden heutzutage als der Höhepunkt mittelalterlicher Lyrik angesehen. Seine Lebensgeschichte lässt sich nicht eindeutig rekonstruieren, es wird jedoch angenommen, dass er dem österreichischen Adel entstammt und in seinen letzten Lebensjahren ein Rittergut in Würzburg besessen hat. Dieses soll er um 1220 herum von Friedrich II. als Lehen erhalten haben, an dessen Hof er einige Jahre in Diensten stand. Die literarische Überlieferung der Werke von Walther von der Vogelweide wurde erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt und umfasst etwa 140 Sangspruchstrophen sowie rund 80 mehrstrophige Lieder. Das immense Talent, das ihm noch heute zugesprochen wird, inspirierte auch nachfolgende Dichter: So basiert das „Deutschlandlied“ von Hoffmann von Fallerleben, aus dem schließlich die deutsche Nationalhymne entnommen wurde, auf seinem Lied „Ir sult sprechen willekommen“. In Würzburg schmückt Walther von der Vogelweide bis heute den Frankoniabrunnen.
Tilman Riemenschneider
Der berühmte Bildschnitzer und Bildhauer Tilman Riemenschneider ist zwar nicht in Unterfranken geboren, jedoch 1531 in Würzburg gestorben. Er ist bekannt als einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer der Spätgotik und war einer der ersten Künstler seiner Zeit, der bei seinen Figuren auf eine farbige Bemalung verzichtet hat. Darüber hinaus war es bemerkenswert, dass er gleichermaßen geschickt mit verschiedenen Materialen wie Lindenholz und Sandstein arbeiten konnte. Ab 1490 war er im fränkischen Gebiet deshalb sehr beliebt und seine Werkstatt belieferte zahlreiche Kunden im Raum Würzburg mit einer Vielzahl von Figuren und Altären. Der 1525 datierte Bauernkrieg brachte Tilman Riemenschneider aufgrund seiner politischen Betätigung schließlich in Misskredit: Vier Jahre zuvor war er noch zum Bürgermeister von Würzburg aufgestiegen, nun schloss er sich jedoch den Aufständischen an, die bei der entscheidenden Schlacht vernichtend geschlagen wurden. Als Anführer des Aufstands wurde er gefangen genommen und acht Wochen im Kerker der Festung Marienburg festgehalten. Fortan wurde es still um den nun ämter- und größtenteils mittellosen Künstler. Dennoch taucht sein Name bis heute in ganz Deutschland immer wieder auf. Straßen und Schulen wurden nach ihm benannt und seine Kunstwerke können nach wie vor in Kirchen und Museen bewundert werden.
Balthasar Neumann
1687 geboren zählt Balthasar Neumann zu den bedeutendsten Baumeistern des Barock und des Rokoko in Süddeutschland. Der gebürtige Tscheche kam 1711 als Geselle nach Würzburg, wo er als Gießer arbeitete und sich zum Ingenieur für Militärbauwesen und zum Architekten für Zivilbaukunst weiterbildete. Dort machte seine Karriere einen steilen Sprung nach oben, als er vom Fürstbischof Philipp Franz von Schönborn mit der Planung und Bauleitung der Würzburger Residenz betraut wurde, die bis heute sein wohl bedeutendstes Werk darstellt und mittlerweile sogar zum UNESCO-Welterbe zählt. Seine herausragende Arbeit und sein Ruf als technisches Genie machten ihn schnell über die Grenzen Frankens hinweg bekannt, so dass ihn seine Aufträge bald nach Köln, Bonn und Brühl führten. Dabei ging es nicht ausschließlich um Gebäude: Auch in der Städteplanung war Neumann mehrmals involviert und 1737/1738 beteiligte er sich an der Verlegung der fränkischen Saale. Viele seiner Werke blieben bis heute bestehen und nicht wenige werden – bewusst oder unbewusst – sogar das Gesicht von Balthasar Neumann kennen: Denn ab 1991 zierte es bis zur Einführung des Euros den 50-DM-Schein.