Im mittlerweile dritten Teil unserer Serie über berühmte Unterfranken sind wir vom Mittelalter ausgehend nun endgültig im 20. Jahrhundert angekommen. Die verfügbare Technik hat zu dieser Zeit große Fortschritte gemacht, die Industrie boomt und die Menschen haben eine Menge neuer Wege gefunden, auf die Welt um sich herum einen bleibenden Einfluss auszuüben. Und wie zuvor auch stammt ein Teil dieses Einflusses aus Unterfranken.
Ernst Sachs
1867 in Konstanz-Petershausen geboren, aber 1932 als Ehrenbürger der Stadt Schweinfurt ebendort gestorben, gilt Ernst Sachs (Foto) als einer der bedeutendsten Industriellen Unterfrankens. Nach einer Lehre zum Werkzeugmacher arbeitete er zunächst als Feinmechaniker in Frankfurt am Main, bevor es ihn im Alter von 26 Jahren nach Schweinfurt verschlug, wo er sich niederlies und heiratete. Nach einem schweren Sportunfall konzentrierte sich der leidenschaftliche Sportradfahrer auf die Entwicklung einer Fahrradnabe, für welche er 1893 ein erstes Patent beantragte. Zusammen mit dem Kaufmann Karl Fichtel gründete er ein Jahr später die „Schweinfurter Präcisions-Kugellager-Werke Fichtel & Sachs“, wo es in der darauffolgenden Zeit zu zahlreichen revolutionären Weiterentwicklungen im gleichen Bereich kam, deren Höhepunkt die „Torpedo-Freilaufnabe“ darstellte, die im deutschen Raum viele Jahre lang den größten Marktanteil behalten sollte. Nachdem die Firma während des ersten Weltkriegs vor allem in die Rüstungsindustrie investierte und die Gewinne dadurch noch weiter stiegen, starb Ernst Sachs im Alter von 64 Jahren an den Folgen der Leukämie. Aufgrund der Beschäftigung einer Vielzahl von Arbeitern sowie der Förderung mehrerer sozialer Projekte wurde das Begräbnis des Unternehmers damals mit dem eines Staatsoberhaupts verglichen, bei dem einige tausend Menschen anwesend waren.
Carl Diem
Der gebürtige Würzburger Carl Diem landete nach einer schwierigen Kindheit und der Ausübung mehrerer Tätigkeiten im kaufmännischen und militärischen Bereich schließlich beim Sport. Bereits 1899, im Alter von nur 12 Jahren, gründete er den Sportverein SC Marcomannia Berlin, sieben Jahre später fuhr er als Mannschaftsbegleiter der deutschen Mannschaft zu den olympischen Spielen nach Athen. Nach weiteren erfolgreichen Tätigkeiten in der Branche führte er 1913 das „Deutsche Sportabzeichen“ ein, welches bis heute für bestimmte Leistungen verliehen wird. Seine Rolle während der Zeit des dritten Reiches ist umstritten: Während er von den Nationalsozialisten als „politisch unzuverlässig“ eingestuft wurde, eine jüdische Frau heiratete und sich weigerte, in die NSDAP einzutreten, arbeitete er schließlich trotzdem für deren System, wenn auch weiterhin größtenteils im Sportbereich. Seiner damaligen Tätigkeit entspringt unter anderem der bis heute anhaltende Brauch des Olympischen Fackellaufs von Griechenland zum Austragungsort der Spiele. Bis zu seinem Tod im Jahre 1962 überwogen deshalb seine Verdienste im deutschen Sport, was dazu führte, dass mehrere Sportanlagen und Straßen nach Carl Diem benannt wurden.
Leonhard Frank
Leonhard Frank wurde am 4. September 1882 im Mainviertel in Würzburg geboren. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, besuchte er zunächst eine evangelische Konfessionsschule, bevor er nach einer Schlosserlehre und einer kurzzeitigen Anstellung als Labordiener im Juliusspital nach München zog, wo er begann, an der Kunstakademie zu studieren. Doch erst nach einem weiteren Umzug nach Berlin und dem Kennenlernen seiner zukünftigen Ehefrau wandte sich Franks Interesse dem Schreiben zu: So konnte er mit seinem Debutroman „Die Räuberbande“ einen ersten großen Erfolg in Deutschland erzielen und gewann den „Fontane-Preis“. Als er 1915, ein Jahr später, mit einem politischen Widersacher aneinandergeriet, zwang ihn die darauffolgende Auseinandersetzung, in die Schweiz zu emigrieren. Von dort an widmete er sich in erster Linie dem Schreiben von pazifistischen Werken, die in Deutschland teilweise verboten wurden und daher illegal eingeführt und unter Kriegsgegnern verteilt wurden. Nach Ende des ersten Weltkriegs kehrte er nach München zurück, musste jedoch wegen des Aufstiegs des Nationalsozialismus 1933 wieder fliehen, diesmal nach Paris. Von dort an bestanden seine nächsten Jahre größtenteils aus Flucht und Verstecken, denn seine pazifistischen Schriften waren ein Dorn im Auge Hitler-Regimes. 1940 gelang es ihm schließlich, in die USA auszuwandern und erst 10 Jahre später kehrte er nach Deutschland zurück, wo er nach und nach mit mehreren Preisen wie dem Kulturpreis der Stadt Nürnberg ausgezeichnet wurde. 1961 verstarb er schließlich in München, doch sein Andenken bleibt im Namen mehrerer Schulen und Straßen (unter anderem in Dresden, Leipzig und Suhl) bis heute erhalten.